Freitag, 16. April 2010

der geab nr. 44 ist angekommen!

Wie LEAP/E2020 schon vor einigen Monaten im Widerspruch zu all den Meldungen der Medien und der Stellungnahmen der « Experten » in den vergangenen Wochen vorhergesagt hat, konnte Griechenland auf die Unterstützung der Eurozone zählen; gerade wegen der mit den europäischen Hilfszusagen verbundenen Auflagen besteht für Griechenland eine Chance, sich durch ein verantwortlicheres Haushalten aus dem Teufelskreis der wachsenden Staatsverschuldung zu befreien . Griechenland wird daher nicht zahlungsunfähig werden. Durch die Panik über eine mögliche griechische Zahlungsunfähigkeit ist aber erkennbar geworden, dass sich allmählich die Erkenntnis durchsetzt, dass es immer schwieriger wird, Kredite zur Finanzierung der immensen Verschuldung der westlichen Staaten zu finden. Selbst ein Bericht der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich macht deutlich, dass es nicht unbeschränkt so weiter gehen kann.

Das Getöse, das insbesondere die britischen und amerikanischen Medien wegen Griechenland veranstaltet haben, sollte ja gerade dazu dienen, den meisten Akteuren in Wirtschaft, Politik und auf den Finanzmärkten zu verschleiern, dass die Probleme Griechenlands nicht die Vorboten einer Krise der Eurozone sind , sondern ein gewichtiges Indiz für die bevorstehende Verschärfung der umfassenden weltweiten Krise: Die wird eintreten, wenn die amerikanische und britische Scheinwirtschaften, die sich auf eine gigantische Verschuldung der öffentlichen und privaten Haushalte gründen, sich nicht weiter verschulden können, weil ab 2011, vor dem Hintergrund der sich weltweit verknappenden Geldmittel, weltweit ungeheure Summen an Krediten neu finanziert werden müssen.

Wie wir schon seit Anfang 2006, als wir den bevorstehenden Ausbruch der umfassenden weltweiten Krise vorhersagten, erläutern, muss man sich immer vor Augen halten, dass ihre Ursache darin zu suchen ist, dass die Nachkriegsordnung zusammenbricht, deren zentraler Pfeiler die USA und wichtiger Nebenpfeiler Großbritannien waren. Um die Tragweite der Ereignisse wie die griechischen Zahlungsprobleme, die von der umfassenden Krise provoziert wurden, zu erfassen, muss man sie zu den strukturellen Schwächen in Relation setzen, unter denen das Zentrum der in Auflösung befindlichen Weltordnung leidet. Griechenlands Schwierigkeiten sind in erster Linie nicht der Nachweis für strukturelle Schwächen der Eurozone, sondern vielmehr ein Beweis dafür, dass der exponentielle Finanzierungsbedarf Großbritanniens und der USA diese Länder sehr bald vor existentielle Probleme stellen wird.

Es ist wichtig, sich klar zu machen, dass in einer Epoche wie der gegenwärtigen, in der die Kreditnachfrage insbesondere durch Ausgabe von neuen Staatsanleihen das Angebot übersteigt, die absolute Schuldenhöhe wichtiger wird als das Verhältnis von Staatschulden zu Bruttoinlandsprodukt (relative Schuldenhöhe). Diese Überlegung lässt sich an einem einfachen Beispiel darstellen: Sie selber verfügen über 100 Euro. Ihr „armer“ Freund A möchte von ihnen 30 Euro leihen, Ihr „reicher“ Freund B 200 Euro. Selbst wenn B Ihnen seine Luxus-Armbanduhr im Wert von 1000 Euro als Pfand überlassen möchte, während A ihnen nur seine Swatch im Wert von 20 Euro anbieten kann, können sie dennoch nicht B helfen; denn seine Kreditnachfrage übersteigt ihr Angebot. Dahingegen können Sie A helfen, wenn Sie bei Zins und Sicherheiten zu einer Einigung kommen. Mit einer solchen einfachen Überlegung wird ersichtlich, dass die Argumente, die in den Finanz-und Wirtschaftsmedien über die alleinige Bedeutung der relativen Staatsverschuldung wiedergekäut werden, am eigentlichen Thema vorbeigehen. Denn danach müssten sie B helfen, der relativ geringer verschuldet ist als A. Aber in der Welt der Krise, in der Geld nicht mehr unbegrenzt zur Verfügung steht, kollidiert diese Theorie mit der harten Mauer der Wirklichkeit. Wollen und Können sind eben zwei verschiedene Dinge.

LEAP/E2020 stellt daher zwei einfache Fragen:

Welcher Kreditgeber könnte oder wollte noch Großbritannien Geld leihen, wenn nach den Wahlen vom 6. Mai die politische Pattsituation die desolate Lage Großbritanniens (Staatsverschuldung!), seiner Wirtschaft und seines Bankensektor bloßlegen wird?
Die finanzielle Lage des Landes ist so gefährlich, dass die zuständigen Beamten den zur Wahl stehenden Parteien einen Vorschlag unterbreitet haben, mit dem sichergestellt werden soll, dass nach der Wahl kein Machtvakuum entsteht, während dem (das bereits sehr geschwächte) britische Pfund und die Kurse der britischen Staatsanleihen (Gilts), von denen die Bank of England bereits 70% des Ausgabenvolumens der letzten Monate aufgekauft hat, abstürzen könnten. Nach diesem Vorschlag bliebe Gordon Brown auch im Fall einer Niederlage und eines « Hung Parliament », in der keine der Parteien eine ausreichende Mehrheit für die Regierungsbildung besitzen würde, Premierminister. Denn darauf deuten die letzten Meinungsumfragen hin. Das letzte Mal, als es dazu kam, war 1974; es war die so etwas wie die politische Vorbedingung für ein Eingreifen des IWF nur 18 Monate später.

Bis es soweit ist, frisiert die Regierung die Statistiken, um den wahren Zustand des Landes zu verschleiern, und hofft so noch, den Sieg im letzen Moment erzwingen oder zumindest eine verheerende Niederlage zu vermeiden. Dennoch bleibt die Wirklichkeit deprimierend. Der britische Immobilienmarkt befindet sich in einer Depression, die so ausgeprägt ist, dass Lombard Street Research davon ausgeht, dass es Generationen dauern wird, bis die Höchstpreise von 2007 wieder erzielt werden . Und alle drei Parteien gehen davon aus, dass die Zeit nach den Wahlen zu einer Katastrophe ausarten werden . Wir gehen davon aus, dass in Großbritannien das gleiche wie in Griechenland passieren wird, und die neue Regierung in London nach den Wahlen wird einräumen müssen, dass die Lage des Landes viel schlimmer ist als vor den Wahlen eingestanden. Die vielen Treffen des britischen Finanzministers Alistair Darling mit Goldman Sachs Ende 2009 sind ein aussagekräftiger Beweis für Manipulationen bei der Staatsverschuldung. Wir schrieben schon in der letzten Ausgabe des GEAB: Wenn man vorhersagen will, welches Land als nächstes in die Nähe der Zahlungsunfähigkeit rückt, sollte man einfach den Spuren von Goldman Sachs folgen.

Wer könnte/wollte noch den USA noch Geld leihen, wenn die britische Zündschnur bereits brennt? Dann bricht an den Märkten für Staatsanleihen, auf dem die Amerikaner die größten Nachfrager nach Krediten sind, die Panik aus.
Zu der Kreditnachfrage durch öffentliche Stellen muss auch noch die aus dem Privatsektor addiert werden. Ein Riesenberg an privaten Schulden für Gewerbeimmobilien und LBOs wird im Laufe dieses und des nächsten Jahres zu refinanzieren sein. Das Gesamtrefinanzierungsvolumen 2010 bis 2014 soll 4200 Milliarden Dollar betragen. Das entspricht ziemlich genau der Gesamtsumme der neuen Staatschulden 2010, von denen wiederum die US-Bundesregierung die Hälfte benötigt. Weiterhin werden auch Privathaushalte, Unternehmen und Städte und Gemeinden Finanzierungsbedarf anmelden. Allein die USA müssen daher 2010 Kredite in der Höhe von 5.000 Milliarden Dollar finden, wenn ihnen nicht das Geld ausgehen soll.

Auf zwei einfache Fragen gibt LEAP/E2020 zwei einfache Antworten:

Für Großbritannien springen eventuell der IWF und die EU ein. Und ab dem Sommer 2010 beginnt die „Schlacht um die Bank of England“, mit der versucht werden soll, einen gleichzeitigen Zusammenbruch des britischen Pfunds und der britischen Staatsfinanzen zu vermeiden. Eines ist aber sicher: Das britische Pfund wird die öffentliche Schuldenkrise nicht unbeschadet überstehen, und die Überschuldung wird die Regierung zu einem Sparplan zwingen, wie Großbritannien noch keinen erleben musste.

Für die USA niemand; denn ihren Finanzierungsbedarf kann keine Institution, auch nicht der IWF, bedienen. Damit ist für den Winter 2010/ 2011 mit einer Implosion der Spekulationsblase mit US-Staatsanleihen zu rechnen. Dann wird nämlich die US-Fed die Zinsen erhöhen müssen, um die öffentlichen Schulden finanzieren zu können, während gleichzeitig ungeheure Summen an privaten Schulden refinanziert werden müssen. Eine weitere Welle von Bankpleiten wird dann einsetzen. Aber nicht nur Staaten können zahlungsunfähig werden. Auch eine Zentralbank kann Pleite gehen, wenn ihre Bilanz nur noch fiktive und virtuelle Vermögenswerte aufweist; die US-Zentralbank wird vor der konkreten Gefahr stehen, pleite zu gehen. Das entsprechende Risiko analysieren wir in dieser Ausgabe des GEAB. Im Winter 2010/ 2012 steht ein weiteres Ereignis an, das zur Unruhe in den USA beitragen wird: Es kommt zur ersten großen Wahl nach den Präsidentschaftswahlen; es ist davon auszugehen, dass viele Wähler sie nutzen werden, um ihrem Gefühl Luft zu verschaffen, dass sie „die Nase voll haben“ von einer Krise, die das Land schon lange im Griff hat, während Washington und Wall Street ungeschoren davon kommen; von einer Krise, die zu einer öffentlichen Verschuldung führt, die inzwischen sogar kontra-produktiv wurde: Ein von der Regierung zusätzlich geliehener Dollar führt inzwischen dazu, dass das Bruttoinlandsprodukt um 40 cents absinkt.

Natürlich muss man nicht mit den Antworten einverstanden sein, die wir hier auf die beiden von uns gestellten Fragen geben. Wir gehen jedoch davon aus, dass es zumindest bei den Fragen keinen Alternative gibt. Jede Analyse und jede Theorie über die weltweite Entwicklung der nächsten Quartals kann nur glaubhaft sein, wenn sie auf diese Fragen klare Antworten bietet: „Wer kann? Wer will?“ Wir schließen uns der Meinung des Vize-Präsidenten der chinesischen Zentralbank Zhu Min, der erklärte, die Welt habe nicht genug Geld um noch weiterhin US-Staatsanleihen zu kaufen .

In dieser 44. Ausgabe des GEAB wollen wir analysieren, welchen großen Risiken Großbritannien und die USA ausgesetzt sind, und die Entwicklungen der kommenden Monate vor dem Hintergrund der wachsenden Spannungen zwischen den westlichen Staaten antizipieren (Finanz-, Währungs- und Handelskonflikte). Und wir stellen unsere Ratschläge vor, die helfen sollen, die Turbulenzen, die durch den britischen und amerikanischen Finanzierungsbedarf entstehen, zu überstehen.

Quelle:
www.leap2020.eu

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